Graf von Sporck

Franz Anton Reichsgraf von Sporck

Rechtsucher aus Leidenschaft, Kunstmäzen, Jäger und Ordensstifter

von Lutz Krüger

Teil 1 von 3

Herkunft

Johann Sporck, der Vater, wurde auf dem Sporckhof in Delbrück-Westerloh geboren, einer Dorfgemeinde im Fürstentum Paderborn. Er ging aus der Ehe des Franz Nolte (gen. Sporck) und einer Tochter des Jobst Sporck, der keine Söhne hatte, hervor. Die Ehe wurde um 1594/95 geschlossen. Die Festlegung des Geburtsjahres erweist sich als äußerst schwierig. Das früheste in der Forschung genannte Jahr ist 1595. Wahrscheinlich ist aber seine Geburt im Jahre 1600. Gegen ein deutlich früheres Datum spricht, dass die Eltern um 1594/95 geheiratet haben sollen und aus der Ehe mindestens ein, vermutlich sogar zwei ältere Brüder hervorgingen. Außerdem würde eine Geburt 1595 bedeuten, dass der Graf noch über 80-jährig als Heerführer tätig gewesen wäre. Gegen eine deutlich spätere Datierung spricht die Tatsache, dass Sporck seine Feuertaufe bei der Schlacht am Weißen Berge bei Prag erhalten haben soll.

Im Dreißigjährigen Krieg heraufgedient und in bayerischen, später kaiserlichen Diensten ausgezeichnet, erhob ihn Kaiser Ferdinand III. 1647 in den Freiherrnstand. Sein Einsatz entschied 1664 - im ersten Türkenkrieg - die Schlacht von St. Gotthard an der Raab. Der Kaiser ernannte ihn zum Reichsgrafen und Befehlshaber der gesamten kaiserlichen Kavallerie.Reichsgraf Johann von Sporck

Abb.: Ausschnitt aus einem Ölgemälde des Reichsgrafen Johann von Sporck. Original im Besitz der Familie Austerschmidt in Delbrück

Seine in den Feldzügen angesammelten Reichtümer hatte er zum Erwerb böhmischer Güter verwendet, wobei Lissa an der Elbe (Lysá nad Labem), das ihm der Kaiser übertrug, den Grundstock bildete. Am Ende seines Lebens zählte der ehemalige westfälische Bauernjunge zu den reichsten Grundbesitzern Böhmens.

Aus seiner Ehe mit dem mecklenburgischen Edelfräulein Eleonore Maria Katharina von Fineke gingen vier Kinder hervor: Franz Anton, Ferdinand Leopold und die Schwestern Maria Sabina und Anna Katharina.

Gemäß letztwilliger Verfügung übernahmen nach Johann Reichsgraf von Sporcks Tode, am 6. August 1679, die Neffen Johann und Johann Dietrich die Vormundschaft über die beiden minderjährigen Söhne.

Jugend

Franz Anton Reichsgraf von Sporck wurde am 9. März 1662 in Lissa geboren. Mit acht Jahren soll er den Jesuiten in Kuttenberg (Kutná Hora) zur Erziehung übergeben worden sein. Sicherlich liegen hier die Wurzeln für seine spätere erbitterte Feindschaft gegenüber der Gesellschaft Jesu. Schon mit dreizehn hörte er an der Prager Universität philosophische und juristische Vorlesungen, wohl in der Hoffnung, später im Staatsdienst Karriere zu machen. Daneben bekundete er ein lebhaftes Interesse für die Theologie.

Von Kindheit an war Sporck von schwacher Gesundheit. Die Unrast und das Feuer seines Geistes bewog seinen Leibarzt zu dem Ausspruch, "sein Kopf sollte der Proportion seiner hitzigen Eigenschaft nach auf einem an Größe den Ochsen gleichen Leib stehen." Von Statur mittelgroß, war er in späteren Jahren korpulent. Viele Wochen seines Lebens verbrachte er im Bett, viele Monate musste er das Zimmer hüten. Wenn auch zäh im Erdulden körperlicher Anstrengungen, ein guter Reiter und Jäger, war er für das Kriegsleben nicht kräftig genug. Auch fehlte ihm dazu die Begabung und Neigung.

Kavaliersreise

Bald nach dem Tode des Vaters trat der genussfrohe, reiche und mit allem Gaben des Geistes ausgestattete junge Graf eine zweijährige Kavalierstour an. Sie führte ihn nach Italien, Frankreich, England, Holland und Deutschland. Als Sohn des hochberühmten Türkenbezwingers fand von Sporck an allen Höfen ehrenvolle Aufnahme.

In Italien und Frankreich bildete er sich zum tüchtigen Kunstkenner aus: in Architektur, Bildhauerei, Malerei und Kupferstich, Oper und Comedia dell'arte, Jagdmusik und Poesie. Auch lernte er die in den romanischen Ländern gepflegte, in der Heimat noch wenig entwickelte Kunst schätzen, die die Hauptfreude seines Lebens wurde, die Rhetorik.

Die Beziehungen Leopolds I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, zu Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, waren zu dem Zeitpunkt gespannt. Der Besuch eines österreichischen Kavaliers am Hofe des Erbfeindes musste eigentlich befremden, wäre es damals nicht unerlässliche Mode- und Standespflicht gewesen. Es ist zu vermuten, dass der französische Hof in dem jungen Grafen Sporck einen böhmischen Kavalier sah, der, wie auch andere seiner deutschen und ungarischen Standesgenossen, für die französischen Pläne gewonnen werden sollte. Frankreichs großer und geheimer Plan scheint auf die Erwerbung Böhmens, Mährens und Schlesiens für den Dauphin und dessen Wahl zum Kaiser gerichtet gewesen zu sein.

Vielleicht schon bei seinem ersten Besuch in Rom, spätestens aber bei seinem Aufenthalt in Versailles war Sporck mit dem Jansenismus in Kontakt gekommen. Urheber dieser katholischen Reformbewegung war Cornelius Jansen, ein niederländischer Theologe (1585 - 1638), der die Gnadenlehre des Augustinus, entgegen der Kirchenlehre, überspitzte und von den Jesuiten heftig bekämpft wurde. Der Jansenismus war besonders unter den französischen Gelehrten verbreitet und hatte sein Zentrum im Kloster Port Royal bei Versailles.

Ämter

Von seiner Reise heimgekehrt, suchte Franz Anton Graf Sporck bei der Hofkanzlei um die "Nachsicht des Alters" an. Zum Erbhuldigungseid zugelassen, übernahm er 1684, zweiundzwanzig Jahre alt, die Verwaltung seiner Herrschaften Lissa, Gradlitz (Choustnikovo Hradiště), Maleschau (Malešov) und Konojed (Konojedy). Gemäß Erbteilungsvertrag erhielt sein jüngerer Bruder Ferdinand Leopold die Herrschaften Hermannstädtel (Heřmanův Městec) und Hořiněves.

Mehr als 20 Jahre prozessierte Sporck gegen seine beiden Onkel und ehemaligen Vormünder wegen schlechter Verwaltung der Mündelgelder und verklagte sie auf Rückerstattung von 160.000 Gulden 14 Kreuzer samt Zinsen und Kosten. Letztendlich unterlag Sporck in diesen Prozessen auf ganzer Linie.

Seit 1690 hatte Franz Anton das Ehrenamt des Kämmerers inne und seit 1692 das des Wirklichen Geheimen Rats. Die Bedeutung dieser Würden mag der Ausspruch Josefs II. charakterisieren: der Kämmererschlüssel könne einem Grafen nicht entgehen und der Geheime Ratstitel nicht fehlen, sollte er auch samt seinen Brüdern ein anerkannter Narr sein, wenn einmal einer von der ganzen Deszendenz ein vernünftiger und ehrlicher Mann war.

1691 wurde der damals 29 Jahre alte Graf von Kaiser Leopold I. zum Statthalter ernannt. Die Statthalterei führte als höchstes Landeskollegium die Regierung "statt und im Namen" des Königs. Sie unterbrach ihre Tätigkeit für die Zeit, während der der Monarch im Lande weilte.

Sporck hatte sich die Ernennung zum Statthalter viel kosten lassen. Die Aufnahme in dieses Kollegium erfolgte üblicherweise durch Gewährung eines verzinslichen Darlehns in mäßiger Höhe an den Kaiser, manchmal auch ohne ein solches. Der junge Kavalier Sporck spendete gleich 100.000 Gulden für den österreichischen Feldzug in Italien gegen die Truppen Ludwigs XIV.

1696 bewarb sich Sporck um die freigewordene Stelle eines Oberstlandkämmerers. Feinden des Grafen gelang es, diese Bewerbung zu hintertreiben.

Schon bei Verleihung der Statthalterwürde hatte Sporck sich von Leopold I. erbeten, die Sitzungen nur vier Monate im Jahr besuchen zu müssen. Im folgenden Jahr erwirkte er vom Kaiser die Erlaubnis, ganz nach seinem Belieben die Sitzungen zu besuchen oder ihnen fernzubleiben. Am 15. Januar 1710 bedeutete Kaiser Joseph I. dem Grafen, der während des vergangenen Jahres nicht ein einzige Mal die Statthalterei betreten hatte, dass er entweder dieselbe "frequentieren, oder seine Function resignieren solle, wonach er sich zu richten wissen werde." Immer wieder erregte Sporck bei Hofe Missfallen darüber, dass er seine Pflichten als Statthalter vernachlässigte. Auch die kaiserliche Erlaubnis zu Reisen außerhalb Böhmens holte er nicht ein.

Am 20. Juni 1716 bat der Graf in einem Memorial an Kaiser Karl VI. um Verleihung des Erbstallmeister- oder des Erbkämmereramtes in Böhmen. Wieder wurde er übergangen.

Ehe

1687 heiratete Franz Anton die zwanzigjährige Franziska Apollonia Reichsfeiin von Swéerts-Reist, mit der er fast vierzig Jahre lang in glücklicher Ehe lebte.

Der Bruder seiner Frau, Franz Karl Freiherr von Swéerts-Reist, war mit Maria Sabina von Sporck, der Schwester des Grafen vermählt.

Auf den ersten Blick versetzt es in Erstaunen, dass einer der reichsten Kavaliere Böhmens keine eheliche Verbindung mit einem der hochadeligen Häuser einging. Die Erklärung liegt nahe. Wenn auch sein Vater Johann von Sporck die kaiserlichen Standarten zum Sieg geführt hatte, vergaß der Snobismus des Adels nicht, dass er als Knabe in seiner westfälischen Heimat die Schweine hütete. Das unermessliche Vermögen, das er, wie die Leute glaubten, hinterließ, hätte an sich den Makel niederer Geburt ausgeglichen. In den Salons tuschelte man über "des Vaters reich erworbne Beute", deren unklare Herkunft wie ein dunkler Schatten über dem Namen der Reichsgrafen von Sporck schwebte. In den Augen der Standesgenossen waren die Sporcks Emporkömmlinge.

Kinder

1687 kam in Gradlitz Tochter Eleonore zur Welt, die 1700 in den Annunziaten-Cölestinerinnenorden eintrat. Tochter Anna Katharina wurde 1689 getauft. 1699 wurde der einzige, wenige Wochen ("zwei Sommermonate") nach seiner Geburt verstorbene Sohn Sporcks getauft.

Tochter Anna Katharina wurde 1712 verheiratet mit ihrem Cousin Franz Karl Rudolf von Swéerts-Reist. Seine Mutter Maria Sabina war die Schwester Franz Antons von Sporck. Franz Karl Rudolf wurde von seinem Schwiegervater und Oheim adoptiert und mit kaiserlichem Diplom von 15. Dezember 1718 in den böhmischen Grafenstand erhoben, dabei wurden Namen und Wappen vereinigt.

Wirken

Unter drei Kaisern und als Zeitgenosse des Prinzen Eugen nahm Sporck an einer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung teil, die Böhmen dank seiner Zugehörigkeit zu der für unüberwindbar und unvergänglich gehaltenen Großmacht erfuhr.Schloss Lissa

Abb.: Das Schloss des Grafen Sporck in Lissa a. d. Elbe

Als Förderer von Baukunst und Bildhauerei nahm der Graf in Böhmen einen hervorragenden Platz ein. Für die Muse des Freundes der Literatur reimen die schlesischen Dichter, unter ihnen Johann Christian Günther, der Vorbote Goethes. Zu Lissa richtet er eine Privatoffizin, eine Privatdruckerei, ein. Die vielen Porträtkupfer, Ansichten seiner Herrschaften und Stiftungen, Thesenblätter, Zeitungsnachrichten und eine Flut von meist satirischen Flugblättern, zu Tausenden verbreitet, gelten heute als seltene Kuriosa.

Der Pflege von Schauspiel und Oper in der böhmischen Hauptstadt Prag galt die Sorge seines Ehrgeizes und seines Strebens nach Popularität. Die besten deutschen Wandertruppen bewarben sich darum, auf seiner Prager Privatbühne zu gastieren, die später zum ersten Opernhaus des Landes erweitert wurde.

Der böhmische Kavalier brachte das Jagdhorn a la Dampierre vom Hofe Ludwigs XIV. in die Heimat und gesellte es den Streichinstrumenten zu. Ohne selbst ein Instrument zu beherrschen oder ein besonderer Kenner zu sein, rühmte er sich, ein glänzendes Hausorchester in seinen Diensten zu haben und eine Jagdmusik, um die ihn nur der König von Frankreich nicht zu beneiden brauchte.

Die Landsitze Sporcks waren die hohe Schule für Jagd und Vogelfang. Er brachte die Parforcejagd aus Frankreich nach Böhmen, stiftete einen von gekrönten Häuptern begehrten Jagdorden, errichtete Vogelherde, die in fernen Ländern nachgebildet wurden.

Auf der Herrschaft Gradlitz verwandelte er eine weltverlassene Aue in das blühende Kukusbad (Kuks). Auf der Herrschaft Lissa mit seinem Jagdhaus Bonrepos verlief das Leben nicht weniger glänzend.

Sporck war ehrlich und aufrichtig bemüht, seinen Untertanen in ihren Kümmernissen ein hilfreicher Grundherr, in ihren Rechtssachen ein gerechter Richter zu sein. Der Ehrenname "Vater der Armen" war ihm besonders lieb. Er suchte auf seinen Herrschaften ein so gutes Regiment zu führen, wie er es gern in den Ländern des Kaisers gesehen hätte. Eine ausgeprägte Philanthropie hielt seiner Streitsucht gegen die staatlichen und kirchlichen Obrigkeiten die Waage.

In jungen Jahren zum Mitglied des Statthaltereikollegiums ernannt, stand ihm der Weg zu höchsten Würden offen.

Die Wahrung seiner privatrechtlichen Interessen trieb ihn in den Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit gegen Bestechung und Fahrlässigkeit. Er verstrickte sich aber immer mehr in ein Netz von Prozessen und ließ sich zu den schärfsten Angriffen gegen die Justiz und die höchsten Würdenträger des Staates verleiten. Damit machte er sich bei Hofe missliebig und verlor die kaiserliche Gnade.

In der Einsicht, dass jede Hoffnung, einst eines der verlästerten Ämter zu erhalten, vergeblich sei, entwickelte er sich zum Rechtstreiter aus Leidenschaft und griff zu allen Mitteln, Recht zu bekommen und zu behalten. In unzähligen Prozessen, die, wachsend und aus sich heraus neue gebärend, seinen Lebensweg verfolgten, leistete es sich der reiche Feudalherr, Michael Kohlhaas zu spielen.

Seinem Wahlspruch "Wahrheit und Gerechtigkeit" blieb er zeitlebens treu, mit einem sich immer mehr steigernden Fanatismus, der ihn als Querulanten erscheinen ließ. Er wurde zum berühmten Gefangenen in der Daliborka, dem Schuldturm der Prager Burg, wegen eines ausgestellten Wechsels, den er nicht einlösen wollte. Er wurde wegen Ketzerei verurteilt und wegen Wildfrevel bestraft.

Für seine Anhänger verkörperte er die Opposition gegen den Staat der Habsburger und die herrschende Kirche. Sie sahen in ihm den Kämpfer gegen die Pragmatische Sanktion und den Begründer der Freimaurerei in Böhmen.

Die Opposition gegen die Amts- und Justizgewaltigen war der halbe Inhalt seines Lebens. Die andere Hälfte füllte ein oft bis zur Verwegenheit erbitterter Kampf gegen das autokratische Glaubensregiment der Jesuiten. Von tiefer Religiosität und loderndem Glaubenseifer erfüllt, hatte er sich der mächtigen französischen Reformbewegung des Jansenismus angeschlossen. Sie fand in ihm ihren einzigen bedeutenden Vertreter in Böhmen.

Diese Seite seines Wirkens fand ihren dramatischen Abschluss in dem großen Ketzerprozess. Vorgeworfen wurde ihm Besitz, Drucklegung und Verbreitung ketzerischer Schriften, denen das kirchliche Imprimatur, der Zensurvermerk, fehlte. Ihm wurde vorgeworfen, dass er Satiren schreiben ließ, die die Grenze zulässiger Kritik des Justizwesens und der mächtigsten kirchlichen Körperschaft, der Jesuiten, weit hinter sich ließen. Auch wurde Sporck zur Last gelegt, dass er "viele aussländische Ketzer bey sich foviret, und mit ihnen familiar umbgegangen", dass er "gar einen Lutherischen Kupferstecher Michael Rentz ... bis sieben Jahr bey sich behalten", dass er einem untertänigen Mädchen den Lassbrief zur Ehe mit einem schlesischen Lutheraner gab, dass er an Sonn- und Feiertagen das Landvolk von der ordentlichen Predigt abhielt, dafür aber "ärgerliche Lehren" und "opera" vorlesen ließ und dazu Glossen machte, dass er die Bibliothek eines lutherischen Prädikanten kaufte.

Die vom Fiskalamt zur Klagevertretung gegen Sporck wegen Ketzerei eingeholten Zeugenaussagen der Geistlichen der Nachbarschaft lauteten für Sporck eigentlich günstig. Es schien aber, als hätte der Fiskus, immer bedacht auf die Vermehrung kaiserlicher Einkünfte, ein größeres Interesse an seiner Verurteilung und den Strafgeldern als die Geistlichkeit.

Der Strafantrag lautete auf Verlust des Landesinkolats und der landtäflichen Güter und eine Geldbuße von 100.000 Gulden. Nach Bezahlung der Strafsumme sollten die Güter den katholischen Erben übergeben, die Bücher aber nach der josephinischen peinlichen Halsgerichtsordnung Art. 19 und 48 verbrannt werden. Über Sporck sollte scharfer Arrest verhängt werden, welcher nach Widerruf der Ketzerei und Abstattung des Glaubensbekenntnisses in dreijährigen Hausarrest gemildert werden könne.

Das Größere Landrecht verurteilte den 71-jährigen Sporck "propter disseminatam Haeresim und wegen Übertretung des Landesfürstl. Inhibitions-rescripti de non imprimendis libris sine censura" zu einer Geldstrafe von 6.000 Speziesdukaten.

Die Hohe Jagd zu Lissa

Bei der Überlassung der Herrschaft Lissa 1647 an Vater Johann Sporck war der "Wildtpan", die Hohe Jagd, beim Kaiser verblieben, ebenso wie auf der Herrschaft Benatek (Benátky), die sein Freund Johann von Werth erhielt. Bevor Benatek und Lissa durch Belehnung aus der Kammer ausgegliedert wurden, bildeten diese Reviere mit Brandeis (Brandýs) und Prerau (Přerov) ein riesiges geschlossenes Jagdgebiet des Kaisers. Beide Generale mussten sich mit dem "Reissgejaidt" und einem jährlichen Deputat von drei Hirschen und drei Schweinen begnügen, das ihnen das Oberstjägermeisteramt zu übergeben hatte.

Während der Vormundschaft der Brüder seines Vaters über Franz Antons Erbe war das Wilddeputat für Lissa nicht beansprucht worden. Nach Volljährigkeit und Übernahme der Herrschaft beantragte daher Franz Anton bei der Hofkammer, das Oberstjägermeisteramt anzuweisen, das rückständige Wildbret auszuliefern.

Als einige Monate später gegen den Grafen Anzeige erstattet wurde, dass er sich durch eigenmächtiges Jagen einen groben Eingriff in die kaiserliche Jagdgerechtigkeit habe zuschulden kommen lassen, unterblieb die Ausfolgung des Wildbrets. Das gegen Sporck eingeleitete Verfahren wurde bald eingestellt, da der Graf den Wildbann vom Kaiser kaufte.Allegorische Figur im Schlosspark

Abb.: Allegorie des Monats März aus der Werkstatt des M. B. Brauns im Park des Schlosses Lissa

Seine finanzielle Notlage hatte Leopold I. bewogen, gegen Annahme einer Summe von 120.000 Gulden, Sporck unter gleichzeitiger Ernennung zum Geheimen Rat den Wildbann auf der Herrschaft Lissa zu überlassen. Nur mit großem Widerstreben - gegen den Rat des Oberstjägermeisters Graf Lobkowitz - willigte der Kaiser ein in die Veräußerung seines Jagdrechts, die eine bedeutende Gefahr für das übrige kaiserliche Revier darstellte.

Sporck und "einem seiner Erben männlichen Geschlechts und Possession der Herrschaft Lyssa" wurde das Recht eingeräumt, jährlich außer den im früheren Deputat ausgesetzten je drei Stück Rot- und Schwarzwild weitere je sechs, also insgesamt achtzehn Stücke, zur Hälfte Hirsche, zur Hälfte Schweine, zu erlegen.

Sporck schrieb es dem Groll des Oberstjägermeisters zu, dass dieser ihn schon nach kurzem Besitz der Jagd wegen übermäßigen Abschusses von Rot- und Schwarzwild, Nichtbeachtung der Brandeiser Grenzen und Holzfällung zum Schaden der Jagd anzeigte. Die Hofkammer ließ durch die böhmische Kammerprokuratur einen Prozess gegen ihn anstrengen. (1693 - 1695)

Den Vorwurf des Abschusses auf fremdem Gebiet suchte Sporck durch Hinweis darauf zu entkräften, dass im Lissaer Revier überhaupt kein Rotwild und nur ganz wenig Schwarzwild gesichtet worden sei, da die Brandeiser Forstbediensteten mit Hunden und auf andere Weise den natürlichen Wechsel in sein Revier hinderten. Er suchte sich dadurch schadlos zu halten, dass er im kaiserlichen Brandeiser Revier jagte, und meinte, dem Kaiser müsse es gleich bleiben, wo er die ihm bewilligte Stückzahl erlege, wenn er sie nur nicht überschreite.

Bewogen durch diese Unannehmlichkeiten, die ihm die teure und schlechte Jagd verursachte - er schrieb dem Oberstkanzler, bisher habe ihn jedes Stück Wild hundert Dukaten gekostet - entschloss er sich, auf den Wildbann zu verzichten. Er brachte auch den Monarchen dazu, grundsätzlich in die Rückgabe gegen kaiserliche Zahlung von 60.000 Gulden einzuwilligen.

Die Kammer war hingegen der Ansicht, dass nur sie das Recht hätte, die Jagd aufzukündigen. Dazu entschloss sie sich aber wohlweislich nicht, da der Jagdbann in Ermangelung männlicher Erben des Nutznießers ohnedies bald der Krone heimfallen musste.

Im Herbst 1719 wandte sich die Brandeiser Jagdverwaltung wieder an die Statthalterei und erhob den Vorwurf des "gesperrten Jagens" gegen den Grafen. Er habe Tag und Nacht Tücher hängen lassen, die angeblich den nach der Brunft schwachen Hirschen Äsung und Tränke nahmen, so dass sie zugrunde gingen. Sporck behauptete dagegen, dass er die Tücherjagd weidgerecht betrieben habe. Auch die übrigen Anschuldigungen wies er als schikanöse und böswillige Erfindungen zurück. Er führte seinerseits Beschwerde, dass zur Jagdzeit das Wild durch Trommeln, Klopfen, Schießen und mit Hunden von den Lissaer Grenzen abgesprengt werde, dass die Brandeiser Heger zur Schonzeit Wild erlegten und aufgegriffene Wildschützen laufen ließen.

In einem Brief klagte er, das Vorgehen der kaiserlichen Jagdverwaltung sei nur darauf gerichtet, ihn um sein Recht zu bringen. Er habe den Wildbann ohnehin überzahlt und das von ihm erlegte Wild reiche nicht zur Deckung der Zinsen des Kapitals hin, das er zu seiner Erlangung aufgewendet habe. (1719)

Von einzelnen Delikten, die dem Grafen vorgeworfen wurden, ist die Anzeige zu erwähnen, er habe auf dem Brandeiser Revier eine "schwere Bache mit Frischlingen" geschossen. Dagegen versucht er sich durch die Verdächtigung des Brandeiser Personals zu verteidigen, dass diejenigen, welche das Tier zum kaiserlichen Jägerhaus gebracht hätten, selbst die Schützen gewesen seien. (1719)

1721 kam Kaiserin Elisabeth Christine zum Gebrauch der Karlsbader Kur nach Böhmen. Am 30. Juni wurde bei Brandeis eine Jagd abgehalten, zu der Oberforstmeister von Ottenfeld auch den Grafen eingeladen hatte. In drei zusammen gegen 300 Stück starken Treiben fällte die Kaiserin 57 Hirsche, 5 Tiere und 12 Kälber, zusammen 74 Stück (1721). Nach der Jagd erfuhr Sporck, dass sein Erscheinen in dem Sinne gedeutet wurde, er müsse sich, wenn er trotz seines Streites wegen des Lissaer Wildbanns die kaiserlichen Jagden besuche, unschuldig fühlen.

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