Sankt Hubertus 2/3

Teil 2 von 3

Wie konnte das kleine Kloster zum Wallfahrtsort aufsteigen?

Durch die Translation der Gebeine des heiligen Hubertus nach Andagium war der Grundstein gelegt für den Aufstieg des eher unbedeutenden Ardennenklosters. Der wirtschaftlich noch ungesicherten Abtei musste zu Beginn der Hubertusverehrung eine Perspektive geschaffen werden, die ihre Existenz auf lange Zeit garantierte. Hier war mit dem Benediktinerorden ein starker Kultträger vorhanden, der sich die Verehrung von Heiligen besonders angelegen sein ließ.

Die Mönche werden alles getan haben, die Entwicklung des kirchlichen Kultes um ihren Patron zu fördern und zum Wohle ihres Wallfahrtsortes zu nutzen. Schon das Interesse Ludwigs des Frommen (3. Sohn Karls d. Gr., 814-840) an der Abtei war lebhaft. Er machte ihr kostbare Geschenke.Prunkgrab des Hubertus

Später waren es vor allem die französischen Könige, die dem Kloster Saint-Hubert Zuwendungen machten, wobei politische Motive sicherlich keine unwesentliche Rolle spielten. Nach einer Legendenfassung aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts (Vita tertia) stammt Hubertus aus aquitanischem Adelsgeschlecht. Das war Anlass für das französische Königshaus, Hubertus in ihre Ahnenreihe aufzunehmen.

Abb.: Prunkgrab des hl. Hubertus, 1847-1848 gestiftet von König Leopold I., Abteikirche St. Hubert

Von der Benediktinerabtei aus verbreitet sich der Kult des Heiligen seit dem 9. Jahrhundert in Belgien, Holland, Luxemburg und Westdeutschland. Wesentlichen Anteil an dessen Förderung hat die Ausgestaltung der Lebensgeschichte des großen Kirchenfürsten der Merowingerzeit mit ereignisreichen Zügen.

In der Vita prima mischen sich erstmals Fakten und Legenden.

Um das Jahr 743, wahrscheinlich aus Anlass der Erhebung der Gebeine, schrieb ein anonymer Mönch, der in den letzten 15 Monaten vor dem Tode des Hubertus in dessen Umgebung weilte, die Vita prima sancti Huberti. Er berichtet - in stereotypen Redewendungen zwar, die der ganzen Vita eigen sind - von den Tugenden und Verdiensten des Heiligen.

Die Jugend und die erste Zeit des Episkopats seines Vorbildes übergeht der Schreiber, weil er anscheinend wenig oder nichts darüber zu sagen weiß. Lediglich von der Missionstätigkeit des Bischofs kann er berichten und von der Translation der Gebeine des hl. Lambertus nach Lüttich.

So war schon der Autor dieser frühen Biographie des heiligen Hubertus gezwungen, sich von einem Vorbild inspirieren zu lassen und, kaum 20 Jahre nach dem Tode des Bischofs, dessen Leben legendär zu gestalten. Er gibt im Grunde banale alltägliche Wunderberichte, die jedem anderen Heiligen auch zugeschrieben werden könnten.

Die Textkritik hat gezeigt, dass ein guter Teil dieser Vita Huberti der Vita des hl. Arnulf von Metz entnommen ist, die im 7. Jahrhundert geschrieben wurde. Der Biograph scheint sich auch der frühen Vita des hl. Lambertus und der Vita des hl. Hieronymus bedient zu haben.

Der erste Biograph spricht auch von einem "egregius filius Floribertus" des Heiligen. Es herrscht unter den Forschern Uneinigkeit darüber, ob er ein leiblicher Sohn des Heiligen war oder das Wort "filius" im Sinne von Adoptivsohn oder geistigem Sohn gebraucht ist.

Überarbeitung und Ergänzungen in der Vita secunda.

Mit der Vita prima ist die Vita secunda sancti Huberti im Grunde identisch. Diese zweite Aufzeichnung erfolgte 825 durch Bischof Jonas von Orleans. Anlass dazu war die im gleichen Jahre erfolgte Überführung der Gebeine des Heiligen in das Ardennenkloster. Er überarbeitete die in einem barbarischen Latein geschriebene ursprüngliche Fassung, ebnete ihre stilistischen Rauheiten und fügte einen neuen Abschnitt über die Translation von 825 hinzu.

In den frühen Viten sind also noch keine Spuren der Dinge zu finden, die den Heiligen bis heute charakterisieren. Völlig legendäre Züge nehmen in der Folgezeit das Heiligenleben in Besitz.

Dechant Anselmus verfasst eine Chronik des Domes St. Lambertus.

Um 1052 - 1256, zeitlich zwischen der Aufzeichnung der Vita II und der Vita III, schrieb Anselmus, Domherr und Dechant an St. Lambert in Lüttich, eine Chronik, in der er auch von Hubertus spricht. Er bringt allerdings nichts wesentlich Neues, sondern schöpft aus der Vita II und charakterisiert im Laufe des Abschnitts, den er dem Heiligen widmet, mit eifrigen Worten die große Rolle desselben als Bischof von Lüttich.

Von den Wundern des hl. Hubertus in der 1. Mirakelsammlung

Es existieren zwei alte Berichtsammlungen über Wunder (Mirakel), die dem hl. Hubertus nach seinem Tode zugeschrieben wurden. Diese sind eine wertvolle Quelle für die historische Entwicklung des Hubertuskults und seiner Wallfahrt, geben aber auch interessante Hinweise auf wirtschaftsgeschichtliche Zusammenhänge.

Die erste (Miracolorum sancti Huberti post mortem) ist summarisch und altertümlich verfasst. Sie wurde um 850 von einem Mönch des Klosters geschrieben und enthält in 8 Kapiteln verschiedene Heilungen, die unter Anrufung des hl. Hubertus erfolgten. Es findet sich jedoch keine darunter, die von der Heilung eines Tollwutkranken berichtet oder auf ein Jagd- oder Tollwutpatronat hinweisen könnte.

Erste Tollwutheilungen in der 2. Mirakelsammlung

Die zweite Sammlung der Hubertuswunder entstammt dem Ende des 11. Jahrhunderts und wurde von einem Mönch des Klosters, Lambert dem Jüngeren, verfasst. 29 Wunder wurden dem hl. Hubertus zugeschrieben und ereigneten sich im Kloster oder mit seinen Mönchen. Neben der Heilung von Blinden, Lahmen und anderen Kranken finden sich hierin zum ersten Male Tollwutheilungen. Eine Stola wurde als Mittel zur Heilung verwandt.Mönch stolt einen Pilger

Unter den 29 Wundern der zweiten Mirakelsammlung werden die ersten 19 ins 9. und 10. Jahrhundert datiert, die übrigen 10 ins 11. Jahrhundert. In diesen Wundern zur Tollwutheilung ist von "Einschneidungen" die Rede, die bei vier Personen durchgeführt wurden. Aus diesen Texten kann geschlossen werden, dass die vier Einschneidungen, von denen in der zweiten Mirakelsammlung berichtet wird, nicht die einzigen waren. Vielmehr muss das "Stolen" frühestens nach 850, spätestens Ende des 11. Jahrhunderts schon etwas durchaus Gebräuchliches gewesen sein, denn sonst hätte sich der Verfasser ausführlicher mit ihm befasst.

Abb.: Ein Mönch "stolt" einen Pilger, Miniatur aus einem Zyklus von 8 Bildern einer Handschrift der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Bibliothéque Nationale de France, Paris.

Mit Hilfe eines Messers machte der Priester dem Patienten einen leichten, ungefähr 2 Zentimeter langen waagerechten Schnitt auf der Stirn, der sich blutig abzeichnete. Dann hob der Geistliche mit einer Pinzette die Haut hoch und führte ein winzig kleines Fädchen von der Stola des hl. Hubertus in die Öffnung ein. Sofort danach bedeckte er die Wunde mit einem schwarzen Band, das er dem Behandelten um den Kopf wand und welches dieser dann neun Tage lang tragen musste. In dieser Zeit musste der "Geschnittene" oder "Gestolte" eine neuntägige Andachtsübung genau befolgen.

In der zweiten Sammlung können nicht nur Bezüge auf das Tollwutpatronat, sondern auch auf das Jagdpatronat festgestellt werden. Im 15. Bericht - auch von ihm wird angenommen, dass aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammt - heißt es: "Denn es war von alters her üblich, unter den Vornehmen der ganzen Ardennen, die ganzen Jahreszeiten hindurch, die Erstlinge und den Zehnten jeden Wildes dem heiligen Hubertus abzulosen, weil der Heilige dieser Übung oblegen hatte, bevor er das weltliche Gewand gewechselt hatte". Somit gaben die Jäger wahrscheinlich schon vor dem 11. Jahrhundert dem heiligen Hubertus ihre Gaben.

Vom Jagdpatronat im Cantatorium

Derselbe Mönch, der die zweite Sammlung der Wunder zusammenstellte, schrieb auch eine Chronik der Abtei Saint-Hubert, die "Cantatorium" genannt wird. Dieser Text wurde wahrscheinlich im Laufe des Jahres 1106 abgeschlossen. Er ist demnach vermutlich jünger als die zweite Mirakelsammlung.

Das Cantatorium berichtet lebendig von Ereignissen, die im Kloster vor sich gingen, und erzählt weiterhin von den Sitten und Gebräuchen seiner Mönche, von ihren Beziehungen zur Umwelt und dergleichen mehr. Verschiedene Abschnitte zeigen auch klar, dass die Großen des Landes den heiligen Hubertus besonders verehrten. Auch im Cantatorium wird von der besonderen Macht des hl. Hubertus beim Schutz vor der Tollwut gesprochen und mitgeteilt, welcher Brauch dabei üblich war.

Der Weg der Jäger, die in früher Zeit in der Umgebung von Saint-Hubert jagten, hat sie sicherlich auch in das Kloster geführt. So erwähnt der Schreiber des Cantatoriums, dass Graf Adalbert von Namur sich manchmal mit seiner Gattin Ida zur Verehrung des hl. Hubertus im Kloster einfand, wenn er aus Jagdliebe in den Ardennen weilte. War man erst einmal Gast an einem kirchlich geweihten Ort, so versäumte man es nicht, auch dem Schützer der klösterlichen Gemeinschaft seine Aufwartung zu machen. Bei einer derartigen Haltung lag es nahe, dass die Edlen des Landes, die in jener Zeit die eigentlichen Repräsentanten der Jagd waren, Teile ihrer Jagdbeute der Abtei abließen.

Von der Herkunft des Heiligen in der Vita tertia

Die Vita tertia sancti Huberti entstand in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Sie ist ein Auszug aus der Vita des hl. Lambertus, die um 1143-47 von dem Lütticher Domherrn Nikolaus geschrieben wurde. Die Textkritik hat gezeigt, dass auch die später zu behandelnden Viten IV und V aus der Vita Lamberti abgeleitet wurden. Die Wirkung der Erzählungen verstärkt sich dadurch, dass die Lebensgeschichte von Vita III über Vita IV und Vita V mehr und mehr mit Wunderberichten und heiltätigen Gegenständen angereichert wird.

Nikolaus ist der erste, der den Übergang vollzieht vom Nebeneinander von Lebensbeschreibung und Legende in den ersten beiden Viten, indem er von nun an übernatürliche Geschehnisse mit dem irdischen Leben der heiligen Gestalt verbindet. 400 Jahre nach dem Ableben des hl. Hubertus will er die Lücke um Vaterland und Herkunft des hl. Hubertus schließen. Unter anderem stellt er die Herkunft des Heiligen aus adeliger Familie dar und berichtet von der Reise des Bischofs zum Papst nach Rom.

Nach Kapitel XII der Vita Lamberti war Hubertus in Aquitanien (südlicher Teil des Frankenreiches) geboren und Pfalzgraf des Königs Theodoricus III. von Neustrien (mittlerer Teil des Frankenreiches). Hier knüpft auch das französische Königshaus seine familiäre Beziehung zu Hubertus an.

Da er sich mit dem Hausmeier Ebroin überworfen hatte, ging er in Begleitung von Ode d`Amay, der Witwe des Herzogs Boggis von Aquitanien, von Neustrien nach Austrasien (nördlicher Teil des Frankenreiches). Während Ode ihre Habe verteilte und der Welt entsagte, wurde Hubertus Schüler des Bischofs Lambertus. Er begab sich nach Rom, um am Grab des Märtyrers Paulus zu beten (mit dem Schwert hingerichtet wahrscheinlich bei der großen neronischen Verfolgung 64-67). Es wird berichtet von der Vision des Papstes Sergius, die ihm den Tod des hl. Lambertus anzeigt und von der Begegnung zwischen Papst und dem Pilger Hubertus.

Die Beziehung zwischen Ode und Hubertus ist nicht historisch. Nach den Befunden ist sie zu dieser Zeit bereits tot. Auch die aquitanische Herkunft ist nicht erwiesen.

Mit der Vita III beginnt die Legende des hl. Hubertus ihr Eigenleben. Ihre Gestaltung ist so, dass die einzelnen Züge des Lebensablaufes jetzt kausal voneinander abhängig erscheinen. Wäre Bischof Hubertus nicht mit Ode nach Austrasien gegangen, so wäre er nicht in Berührung mit Lambertus gekommen. Hätte er nicht Lambertus kennen gelernt, so wäre er wohl kaum nach Rom gefahren. Wenn er aber nicht zu dem Zeitpunkt des Martyriums seines Lehrers in der hl. Stadt gewesen wäre, so hätte ihn der Papst nicht zum Nachfolger des Bischof einsetzen können.

Auf diese Weise ist es kaum noch möglich, die einzelnen Bestandteile der Legende voneinander zu trennen. In der weiteren Entfaltung der Hubertuslegende verwachsen nun die einzelnen Motive immer stärker miteinander.

Die Vita quarta erwähnt erstmals Hirsch, Stola und Schlüssel.

Auch die Vita quarta sancti Huberti ging aus der Vita Lamberti hervor. Nachdem schon im 12. Jahrhundert das Leben des Heiligen zu einem kleinen Roman geworden war, erhält die Legende im 15. Jahrhundert ihre stärkste Bereicherung. Zum ersten Male wird die Bekehrung durch den kreuztragenden Hirsch erwähnt:

Hubertus ist Pfalzgraf bei Theodoricus III. in Neustrien. An einem hohen Feiertag geht er, anstatt in die Kirche, - "den Nichtigkeiten der Welt ergeben" - auf die Jagd. Es erscheint ihm ein Hirsch, der zwischen seinem Geweih das Zeichen des heiligen Kreuzes trägt. Er hört eine Stimme, die ihm sagt, "wenn Du Dich nicht zum Herrn bekennst in einem heiligmäßigen Leben, wirst Du schneller in die Hölle hinabsteigen." Er gibt das Jagen auf und verlässt Frau und Kind. Daraufhin begibt sich Hubertus nach Austrasien. Als Schüler des heiligen Lambertus erwirbt er höchste Gottesfurcht. In Rom denkt er seine Tugenden zu vervollkommnen.

Der Bericht in der Vita III von der Vision des Papstes Sergius, die diesem den Tod des hl. Lambert anzeigt und der von der Begegnung zwischen Papst und Pilger ist in der Vita IV durch weitere Ergänzungen vermehrt.Stola des Hubertus

Als Hubertus in die Peterskirche kommt, spricht ihn der Papst mit seinen Namen an. Der Heilige Vater führt ihn vor den Apostelaltar, verkündet ihm den Tod seines Herrn und ernennt ihn zum Nachfolger seines Lehrers als Bischof von Tongern-Maastricht. Hubertus lehnt aus Bescheidenheit und Demut ab. Das Eingreifen Gottes führt jedoch zur Sinnesänderung. Engel bringen die priesterlichen Gewänder des heiligen Lambertus nach Rom. Jedoch fehlte die Stola. Im Auftrag der Gottesmutter überreicht ein Engel die Stola. Während der Bischofsweihe in Sankt Peter erscheint der Apostelfürst selbst und überreicht ihm einen goldenen Schlüssel. Unterdessen wird in Maastricht der tote Bischof zu Grabe getragen. Dabei ertönt eine Stimme, die verkündet, dass die Wahl zum Nachfolger des Verstorbenen auf Hubertus gefallen ist. Dieser verlässt die heilige Stadt mit Stola und Schlüssel und wird mit Glanz in seiner Heimat empfangen.

> zur Stola

Die Stola wurde wahrscheinlich bei der Translation und der dabei erfolgten Öffnung des Schreins im Jahre 825 entnommen. Sie gilt seit Jahrhunderten als die eigentliche Reliquie des Heiligen und nimmt in seiner Verehrung seit je einen größeren Raum ein als die Gebeine des Bischofs. Sie und die aus ihr gezogenen Goldfäden dienen zur Tollwutheilung. Der Gebrauch der Stola war dabei nur auf Menschen beschränkt - hätte man sie auch zum Schutze und zur Heilung von Tieren angewandt, wäre das sicherlich eine Profanierung gewesen.

Abb.: Stola des hl. Hubertus aus Acta Sanctorum Novembris I pag. 868/69.

Die frühesten Nachrichten über diesen Gegenstand liegen im 14. Wunder (aus dem 9./10. Jahrhundert) der 2. Mirakelsammlung vor: "... nachdem Gold von der Stola in das Haupt des Gefährdeten nach Brauch eingesetzt und ihm gesagt worden war, wie er sich zu verhalten habe." Hier ist nur vom Brauch des Einschneidens, nicht von den anderen damit verbundenen Übungen die Rede.

Auch der Autor des Cantatoriums, Ende des 11. Jahrhunderts, spricht von dem Brauch des Einschneidens, enthält sich aller Einzelheiten über den Ursprung und die Zeremonien, die ihn begleiteten oder ihm folgen. Er erwähnt nicht die Stola, da er ihren Gebrauch als selbstverständlich voraussetzt. Daraus ist zu folgern, dass dieser Brauch damals dem Kloster Saint-Hubert durchaus geläufig war. Allerdings wird im 12. Jahrhundert dieser Brauch noch nicht weit genug bekannt gewesen sein, um in die Legende des hl. Hubertus einzudringen. Mirakelsammlung II und Cantatorium erwähnen ihn aber bereits. Die "offizielle" Aufnahme geschah erst im 15. Jahrhundert in der Vita IV, und zwar mit dem Hinweis, dass täglich durch ihren Gebrauch Wunder geschehen, und dass sie im Kloster aufbewahrt wird.

Wegen der großen Rolle, die die Stola zunehmend im Rahmen der Hubertusverehrung erlangt hatte, bemächtigt sich die Legende ihrer. Sie formte den Bericht ihrer Herkunft von der Mutter Gottes, um ihre besondere Wirksamkeit zu unterstreichen. Hier schuf ein Attribut, nämlich die Stola, das besondere Patronat des Heiligen, das dann viel später als ätiologische Legende Eingang in die Geschichte des Heiligen fand, nämlich zur Erklärung eines Gegenstandes, dem das gläubige Volk so sehr vertraute.

> zum Schlüssel

Ähnlich wie der Stola erging es einem anderen Attribut des Heiligen, dem Schlüssel. Auch hier ist es die Vita IV, die ihn zum ersten Male erwähnt und gleichzeitig von seiner Funktion und seinem derzeitigen Aufbewahrungsort spricht. In den frühen Lebensgeschichten des hl. Hubertus wird seine Übergabe nicht erwähnt.

Seit Gregor dem Großen (seit 590 Papst) lässt sich die Sitte nachweisen, Schlüssel, in deren zu öffnenden Griffstücken oft Teilchen von den Ketten Petri eingefügt waren, an Fürsten, Bischöfe und Kirchen als Geschenke zu senden.
Hubertusschlüssel

Abb.: Der Hubertusschlüssel aus Acta Sanctorum Novembris I pag. 870.

Die Archäologen datieren den Hubertusschlüssel ins 8. Jahrhundert. Er ist ein großer Messingschlüssel, dessen unterer Teil aus rotem Kupfer besteht. Er stellt eine kunstvolle romanische Arbeit mit orientalischem Einfluss dar. Der untere Teil jedoch stammt wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert.

Auf Grund dieser Zeugnisse ist anzunehmen, dass auch Hubertus von dem damaligen Papst einen solchen Schlüssel übersandt bekam. Dieser wurde ihm mit ins Grab gegeben. 743 aus Anlass der Elevation oder 825 bei der Translation in das Ardennenkloster wurde er sicherlich aus dem Schrein herausgeholt und in der Peterskirche zu Lüttich aufbewahrt. Heute befindet er sich in der Heiligkreuzkirche zu Lüttich.

Das Brennen gegen die Tollwut ist aus dem Altertum bekannt. Wahrscheinlich wurde zuerst in der Abtei das Brennen von gebissenen Pilgern oder Vieh der Landleute zur Heilung von Wunden vorgenommen. Dazu wurde allerdings nicht der eigentliche Hubertusschlüssel verwandt, sondern eiserne Brennmarken in Schlüsselform.
Brennmarken gegen Tollwut

Abb.: Gestielte Brennmarken für Menschen und Hunde.

Die Schreiber der frühen Viten des Heiligen erwähnen auch den Schlüssel noch nicht, weil er zu ihrer Zeit innerhalb der Hubertusverehrung noch keine Bedeutung hatte. Zu dem Zeitpunkt, als der Schlüssel in der Vita IV zum ersten Mal in der Legende des Bischofs auftaucht, hatte er schon eine bestimmte Brauchtumsfunktion. Damit ist die Schlüsselepisode in dem Leben des hl. Hubertus ebenfalls als eine ätiologische Legende erwiesen, die die Herkunft dieses Schutzmittels gegen die Wut erklären will.

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